Das Zwei-Sinne-Prinzip

Kannst Du Dir darunter etwas vorstellen? Ich kann Dir versichern: Du kennst Dieses Prinzip und hast es garantiert auch schon selbst genutzt. Mehr dazu hörst Du in der Podcast-Episode Nummer 4 oder liest Du weiter unten.

In der Vorstellung habe ich es schon erwähnt: ich bin Bauingenieur. Tatsächlich bin ich sogar Fachplaner für Barrierefreies Bauen. Das ist meine thematische Heimat. Deswegen wird es in Podcast und Blog auch immer wieder Themen geben, die sich genau darum drehen. Doch egal ob man Barrierefreiheit in der Architektur oder im Internet angeht: sie funktioniert nach den gleichen Prinzipien. Das finde ich spannend.

Das Zwei-Sinne-Prinzip ist eines davon. Es sagt aus, dass alle Informationen grundsätzlich über zwei Sinne übermittelt werden sollen. Das können Seh-, Hör- oder Tast-Sinn sein, theoretisch sogar der Geschmacks-Sinn. Das ist wichtig, damit beim Aus- oder Wegfall eines Sinnes, diese Information dennoch wahrgenommen wird.

Bauliche Beispiele

Ein Beispiel, das Du garantiert kennst, sind Fußgängerampeln. Dort gibt es die Information „Ampel wird von rot zu grün, man kann rüber gehen“. Diese Information ist für das Auge konzipiert, spricht also den Seh-Sinn an. Von blinden oder sehbehinderten Menschen kann sie natürlich nicht aufgenommen werden. Dass die Ampel sicher passiert werden kann, muss also über einen anderen Sinn vermittelt werden. In den meisten Fällen erfolgt das über den Hör-Sinn. Du kennst sicherlich das charakteristische Klopfen oder Piepen im Straßenraum.

Bei manchen Ampeln erfolgt die Informationsvermittlung über den Anforderungstaster. Jenen kleinen gelben Kasten am Ampelmast, den man manchmal drücken muss, damit die Ampel überhaupt grün wird. Dieser vibriert dann. Das Signal „Ampel grün, Du kannst passieren“ wird also an den Tast-Sinn weitergegeben.

Eine andere Situation, in der zugleich Seh- und Hör-Sinn angesprochen werden, ist bei einem barrierefreien Aufzug. Wenn sich die Türen öffnen, wird die erreichte Etage auf dem Display angezeigt und zugleich angesagt. Jemand, der das Display nicht sehen kann oder nicht hinschaut, erhält so dennoch die Information: „Achtung! Du bist im zweiten Obergeschoss.“

Digitale Beispiele

Wie eingangs erwähnt, spielt das nicht nur im Bauen eine Rolle. Denk mal an ein Video: eine Szene, in der es etwas zu sehen gibt und in der Menschen miteinander sprechen. Auch da werden mehrere Sinne angesprochen, aber jede Information wird nur für einen Sinn ausgegeben. Alles was zu sehen ist und was die Personen tun, geht auf den Seh-Sinn. Alles was sie ezählen oder auch Hintergrundgeräusche gehen auf den Hör-Sinn.

Ein gehörloser Mensch erhält die Informationen für den Hör-Sinn nicht. Diese müssen also über einen anderen Weg übermittelt werden. Zum Beispiel ebenfalls über den Seh-Sinn, indem Untertitel hinterlegt werden.

Genau umgekehrt ist es bei blinden und sehbehinderten Menschen. Diese hören, was gesprochen wird, sehen aber nicht, was passiert. Alles, was zu sehen ist, muss auf anderem Weg übermittelt werden: meist über den Hör-Sinn. Das nennt sich Audiodeskription. Dabei wird alles, was zu sehen ist, genau erläutert. In den Mediatheken von ARD und ZDF gibt es einige Angebote auch mit Audiodeskription. Schau und hör doch mal rein.

Ich kann mich noch erinnern, wie ich einmal als Kind mitbekam, wie mein Vater im Fernsehen „Robin Hood“ mit Audiodeskription geschaut hat. Ihn störte es nicht. Ich fand es zumindest interessant, dass alles noch mal erläutert wird.

Und noch ein Beispiel

Eine Andere Situation ist vielleicht nicht so naheliegend, wie die bisherigen Beispiele. Wenn Du eine Taste drückst, ist auch das eine Informationsübermittlung. Die Taste bewegt sich und Du merkst: es ist etwas passiert.

Bei einem Touch-Display funktioniert das nicht. Du drückst und merkst nichts. Vielleicht siehst Du etwas, Dir fehlt aber das taktlie Erlebnis durch die Bewegung der Taste. Das ist ein Problem, insbesondere für blinde und sehbehinderte Menschen. Touch-Displays sprechen nur den Seh-Sinn an und sind daher nicht barrierefrei. Richtige Tasten, die man drücken kann und die sich bewegen, sind für Barrierefreiheit deutlich besser geeignet.

Auch Du kannst das Zwei-Sinne-Prinzip anwenden

Im Zuge des Adventskalenders habe ich auch etwas zu Bildbeschreibungen und Untertiteln geschrieben. Auch das sind Punkte, die sich aus dem Zwei-Sinne-Prinzip ergeben. Schau doch mal in die verlinkten Artikel.

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