barrierefrei·Newsletter | 03.05. 2021

🕯 In Trauer über die Opfer von Potsdam

Am vergangenen Mittwoch wurden fünf Menschen im Potsdam-Babelsberger "Thusnelda-von-Saldern-Haus" Opfer einer Gewalttat. Vier Personen wurden in ihrem Zuhause getötet, eine schwer verletzt. Sie lebten in einem Wohnhaus für Menschen mit Behinderung.

Als ob diese Tat an sich nicht schon schlimm genug wäre, überschlugen sich in den nachfolgenden Tagen die möglichen Rechtfertigungen für die mutmaßliche Täterin. Ob es vierfacher Totschlag oder Mord war, entscheiden letztlich die Gerichte. Es war jedoch in keinem Fall ein Akt der Überforderung oder vermeintliche "Erlösung".

Für Übermedien hat Lisa Kräher das kommentiert:

Der Experte von der Polizei spricht im Kontext einer brutalen Gewalttat gegen Menschen mit Behinderung tatsächlich von „erlösen“ als Motiv. Gut, er hat in Psychologie promoviert und nicht in Geschichte. Trotzdem sollte er wissen, dass der Begriff „Erlösung“ in diesem Zusammenhang eher so im Jahr 1941 üblich war.

Die viel drängendere Frage ist allerdings: Warum sendet der rbb diese Aussage überhaupt so oder ordnet sie nicht wenigstens kritisch ein?

Eine Antwort: Weil sich viele Medien nach wie vor sehr schwer damit tun, über Menschen mit Behinderung zu berichten. Und vor allem über Gewalt gegen Menschen mit Behinderung. Weil sie wahrscheinlich gar nicht so richtig bemerkt haben, was das Problem an einem Zitat wie dem von Reimann ist.

Hinter dieser Gewalttat stehen strukturelle Probleme. Diese müssen jetzt thematisiert werden - vor allem auch mit Blick auf Gesetzesvorhaben wie das IPReG, die Menschen mit Behinderung in ihrer selbstbestimmten Teilhabe einschränken. Raul Krauthausen schreibt dazu:

Was das alles mit dem Ereignis von Potsdam zu tun hat? Solche Einrichtungen bergen strukturell gesehen ein Potenzial für Ungutes. Daher müssen wir uns mehr Gedanken darüber machen, wie es für Menschen mit Behinderung andere Perspektiven geben kann. Wie Ableismus besser bekämpft werden kann. Und wie wir es schaffen, in Tagen wie diesen den Fokus auf die Opfer zu richten.

Um genau das zu tun, gibt es heute keinen Newsletter, wie Du ihn kennst. Nächste Woche beschäftigen wir uns wieder mit Barrierefreiheit - heute möchte ich auf diese Weise jedoch dem Gedenken an die Opfer Raum geben,

Aus Trauer wird Protest

Am kommenden Mittwoch gibt es die Möglichkeit, aus der jetzigen Trauer heraus in den aktiven Protest einzutreten:

Der 05. Mai ist Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung!
Martin an einer Wand neben einem alten Wandtelefon lehnend. Er hält den Hörer am Ohr und lächelt.
Über Social Media findest Du unter dem Hashtag #5Mai eine Vielzahl an Aktionen. Besonders hinweisen möchte ich auf das Angebot von AbilityWatch. Ab 17 Uhr gibt es eine große Online-Veranstaltung, moderiert von Raul Krauthausen & Constantin Grosch. Alle Informationen findest Du auf maiprotest.de!

Wir lesen, sehen, hören uns am Mittwoch - oder nächsten Montag wieder hier!
Dein Martin

barrierefrei·Newsletter

twitter instagram linkedin