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“Menschen so zu bezeichnen, wie sie bezeichnet werden wollen, ist keine Frage von Höflichkeit, auch kein Symbol politischer Korrektheit oder einer progressiven Haltung - es ist einfach eine Frage des menschlichen Anstands.” aus “Sprache und Sein” von Kübra Gümüşay
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Dieser Absatz von Kübra bringt für mich ganz wunderbar auf den Punkt, wieso es kein Argument gegen das Gendern gibt. Unsere Sprache prägt uns, aber auch wir prägen unsere Sprache. Über das “Wie?” lässt sich debattieren, aber das “Ob?” ist ganz deutlich zu bejahen.
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Barrieren abzubauen kann neue Barrieren schaffen
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Richtig ist es, dass gendergerechte Schreib- und Sprechweise neue Barrieren schafft. Es ist beim Finden barrierefreier Lösungen eine konstante Gratwanderung, durch die Beseitigung einer Barriere nicht zugleich eine neue für andere Personen zu errichten. Durch den Abbau der sprachlichen Barriere, die ein generisches Maskulinum oder eine binäre Formulierung für einige Menschen darstellen, entstehen neue Barrieren - zum Beispiel für Menschen mit Behinderung.
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Zusammenfassen möchte ich die Artikel wie folgt: Gendern durch Sonderzeichen wie in Leser:innen (mit Doppelpunkt), Leser*innen (mit Stern) oder Leser_innen (mit Unterstrich) kann für Nutzende eines Screenreaders eine Barriere darstellen. Ob die Sonderzeichen ausgesprochen oder als Pause berücksichtigt werden, also LeserUNTERSTRICHinnen oder Leser innen wiedergegeben wird, ist je nach Screenreader unterschiedlich. Eine bevorzugte Schreibweise lässt sich damit also nicht begründen.
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Für Menschen, die auf Einfache oder Leichte Sprache angewiesen sind, funktioniert Gendern mit Sonderzeichen nicht. Auch neutrale Bezeichnungen wie "Lesende" sind dafür ungeeignet. Wieso das so ist hat Andrea Halbritter in ihrem Artikel Wie gendert man in Leichter bzw. einfacher Sprache? ausführlich beschrieben. Für manche Autist:innen trifft es ebenfalls zu, dass sie gendergerechte Texte mit Sonderzeichen oder neutralen Bezeichnungen nicht erfassen können. An dieser Stelle entsteht durch den Abbau der sprachlichen Barriere für Frauen und nicht-binäre Menschen leider eine neue Barriere.
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Einen Königinnenweg für barrierefreies Gendern gibt es nicht.
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Die Problematik der Screenreader-Wiedergabe von Sonderzeichen wird hoffentlich in Folge des gesellschaftlichen Drucks zeitnah von den herstellenden Firmen behoben. Die enorme Barriere, die gendergerechte Schreibweise für andere Personengruppen darstellt, bleibt allerdings bestehen.
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Wie kann man das lösen? Ich weiß es nicht.
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Derzeit gehe ich im Allgemeinen wie folgt vor: Wenn möglich die Nutzung von neutralen Begriffen und in allen anderen Fällen das Gendern mit Doppelpunkt. Auf generisch maskuline oder binäre Paarformen versuche ich gänzlich zu verzichten. Im Gespräch mit Personen, für die das Gendern eine unüberwindbare Hürde darstellt, verzichte ich darauf und greife auf das generische Maskulinum zurück.
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Aus meiner Sicht ist einer der Ansätze der neutralen Formulierung ohne Sonderzeichen der barrierärmste Weg, der trotzdem die Wünsche zumindest vieler nicht-binärer Menschen berücksichtigt.
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Und Du? Wie genderst Du? Oder verzichtest Du darauf?
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