Allumfassend? Normenreihe DIN 18040 für Barrierefreies Bauen | No(rm)vember Teil 2

Wer barrierefrei bauen will, kommt um sie nicht herum: die Normenreihe DIN 18040. In drei Teilen regelt sie zentrale Aspekte der baulichen Barrierefreiheit. Aber ist sie damit allumfassend? Das erfährst Du in Teil 2 des No(rm)vembers.

Nachdem wir in Teil 1 schon geklärt haben, dass Normen zunächst einmal freiwillig sind und erst bei vertraglicher oder gesetzlicher Festlegung verpflichtend werden, starten wir jetzt in die einzelnen Regelwerke. Den Anfang macht dabei, wie könnte es anders sein, die DIN 18040 mit dem Titel „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen“.

Der Titel lässt es schon erahnen: hier geht es um die Basics des Barrierefreien Bauens.

Strukturiert ist die Reihe in 3 Teile. Im ersten Teil geht es um öffentliche Gebäude, im zweiten um Wohnungen und im dritten um öffentlichen Verkehrs- und Freiraum. Teil 1 ist zugleich der älteste, er wurde 2010 veröffentlicht. Im Jahr darauf kam Teil 2 und Teil 3 gibt es seit 2014.

Aufgrund der neuen Europäischen Norm wird die bestehende DIN 18040 bis voraussichtlich Januar 2024 überarbeitet. Wesentliche Änderungen sind dabei allerdings nicht zu erwarten.

Wenn Du mehr über die neue DIN EN 17210 erfahren möchtest, lege ich Dir das Seminar am 30. November ans Herz. Zum Abschluss des No(rm)vembers gehe ich da mit Dir und anderen näher auf die Inhalte und den weiteren Überarbeitungsprozess ein. Trag Dich am besten direkt auf die Warteliste ein:

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Der Aufbau: vom Allgemeinen ins Konkrete

Alle drei Teile sind im Grunde gleich aufgebaut. Zunächst gibt es die üblichen Angaben zum Anwendungsbereich, Verweise zu weiterführenden Normen und Erläuterungen der verwendeten Begriffe. Direkt zu Beginn werden zwei wesentliche Punkte festgeschrieben:

  1. Die Norm gilt für Neubauten. Sie kann sinngemäß für die Planung von Umbauten oder Modernisierungen angewendet werden.
  2. Die mit den Anforderungen nach dieser Norm verfolgten Schutzziele können auch auf andere Weise als in der Norm festgelegt erfüllt werden.

Diese Kann-Formulierung für die Anwendung bei Bestandsbauten ist aus meiner Sicht ein großes Problem. Denn „kann“ bedeutet immer „muss nicht“. Und was nicht muss, wird auch nicht beachtet. Ist leider so.

Die erwähnten Schutzziele sind eine der großen Neuerungen, die die DIN 18040 von den vorhergehenden Normen unterscheidet. Es werden nämlich keine Lösungswege vorgeschrieben, sondern das Ergebnis zählt. Ein bisschen wie früher im Mathe-Unterricht. Ein Schutzziel klingt dann so:

Flure und sonstige Verkehrsflächen müssen ausreichend breit für die Nutzung mit dem Rollstuhl oder mit
Gehhilfen sein.

Was genau „ausreichend breit“ bedeutet, wird in der DIN 18040 näher erläutert. Das sind allerdings nur Vorschläge, wie das Schutzziel erreicht werden kann. Solange das Schutzziel erfüllt wird, kann die Gestaltung aber auch gänzlich anders als in der Norm erfolgen.

Pflicht oder Kür?

Wenn Du die vorherige Episode zum Einstieg ins Thema schon gehört hast, wirst Du Dich erinnern: eine Norm ist erst dann verpflichtend, wenn die Einhaltung vertraglich oder gesetzlich festgelegt wurde.

Gesetzlich ist die DIN 18040 nur teilweise verpflichtend eingeführt. Und weil das eine umfassende Barrierefreiheit noch nicht kompliziert genug macht, ist das auch noch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Denn Bauen ist Ländersache.

Jedes Bundesland hat also für sich entschieden, welche Teile der Norm es einführen will. Teil 1, also die Norm für bauliche Barrierefreiheit bei öffentlich zugänglichen Gebäuden, wurde überall eingeführt. Dabei wurden jedoch einzelne Absätze oder ganze Kapitel ausgenommen. Bei meinem Lieblingsbeispiel aus Berlin steht in der Verwaltungsvorschrift zur Einführung der DIN 18040-1:

Abschnitt 5.3.3 Satz 1 ist nicht anzuwenden.

Dahinter verbirgt sich die Vorgabe der Norm, dass es pro Sanitäranlage mindestens eine barrierefreie Toilette vorhanden sein muss. Wenn also ein öffentlich zugängliches Gebäude auf jeder Etage Toiletten hat, müsste es auch auf jeder Etage mindestens eine barrierefreie Toilette geben. Da dieser Satz aber in Berlin und anderen Bundesländern von der Einführung ausgenommen wurde, gibt es oft pro Gebäude nur eine Toilette – mitunter irgendwo im Keller versteckt.

Berlin hat aber auch ein weiteres Beispiel geschaffen, wie das Bauen noch komplizierter wird. Seit dem 01. Januar 2020 gibt es in Berlin nämlich die „Verordnung über bauliche Anforderungen an barrierefreies Wohnen„. Diese ersetzt die DIN 18040-2 für barrierefreie Wohnungen. Die Norm bleibt dadurch zwar anerkannte Regel der Technik und sollte auch weiterhin berücksichtigt werden, verpflichtend ist jetzt aber die Einhaltung der Verordnung. Warum einfach, wenn es auch als Berliner Sonderweg geht?!

Um herauszufinden, welche Teile der Normenreihe DIN 18040 per Gesetz verpflichtend einzuhalten sind, musst Du speziell für das Bundesland des Bauvorhabens nachschauen. Die Information findest Du in der VV TB, der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen, die jedes Bundesland erlassen hat. Falls Du da mal eine Frage hast, kannst Du natürlich auch jederzeit mich fragen.

Wo bekomme ich die Norm?

In Deutschland werden Normen über den Beuth-Verlag verkauft. Für jeden Teil der Norm musst Du ungefähr 90 bis 100 Euro rechnen, in Summe also fast 300 Euro. Darin sind allerdings noch nicht die weiterführenden Regelungen enthalten, auf die ich in den nächsten Episoden eingehe.

An einigen sogenannten „Normen-Infopoints“ kannst Du aber auch Einsicht in die Norm nehmen, ohne sie kaufen zu müssen. Oft sind das Hochschulbibliotheken, alle Infos findest Du beim Beuth-Verlag.

Direkt anschauen kannst Du sie aber auch ganz einfach von zu Hause aus. Einige Bundesländer stellen die Teile 1 und 2 der Norm nämlich als PDF zur Verfügung. Hier kommst Du zum Beispiel über das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr zur DIN 18040: Klick.

Und wenn ich etwas nicht verstehe?

Dann fragst Du einfach nach – mich zum Beispiel. Eines meiner liebsten Fächer im Studium war Baurecht, weil ich so gern in Gesetzes- und Normentexten nachlese, was denn nun genau zu tun ist. Und das macht mir immer noch große Freude!

Falls Du also Hilfe bei der Auslegung der DIN 18040 brauchst, ruf mich einfach mal an. Oder lass uns am 30. November ins Gespräch kommen, wenn ich Dir einen ersten Einblick in die neue Europäische Norm zum Barrierefreien Bauen gebe. Denn durch die DIN EN 17210 werden sich auch Änderungen für die DIN 18040 ergeben. Aber mehr dazu dann am 30. November 😉
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P.S.: Aus privaten Gründen musste ich den No(rm)vember leider abbrechen. Aber die Themen kommen trotzdem in späteren Folgen noch dran, ist doch klar!

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